8) Der Ka-Lektion des Lebens in der Verbannung

© BurkVerlag
In der Aufstellung an jenem Wochenendwork-shop, die allen am meisten eingefahren war, konfrontiert der Therapeut, Ralph E. vor allem Kevin A., den Dorfschullehrer. Dessen Exfrau stellte als Klientin den Stellvertreter für ihren Exmann weit nach aussen. Wie geht’s dem vergessenen Gatten da, was F2-tut sich, fragt ihn Ralph? „Jetzt hab ich gerade so ein Gefühl gehabt wie: ,So leicht mache ich es dir aber nicht!‘“, sagt dieser. Dafür bekam er ein wissendes Nicken von Ralph: „Genau!“ Dann wandte er sich mit Intoleranz folgende Ka=Kommunikation ausarbeitend an die Frau: „Dem Mann ist Unrecht getan von dir. Das wird sich bitter an dir rächen. Das hat sich schon an dir gerächt! Auf so was steht manchmal die Todesstrafe, so mit Männern umzu-gehen. Wenn eine Frau so mit Männern umgeht, bekommt sie zum Beispiel häufig Brustkrebs.“ Die Klientin gab zu, mit 30 Krebs gehabt zu haben, „Gebärmutterkrebs“. Doch sie möchte klarstellen: „Nicht ich bin mit ihm umgesprung-en, sondern er war Spieler und hat mich jeden Tag betro-gen. Und da musste ich gehen…“ Ralph E. sagte dazu: „Okay, in G4-Wahrheit weiss es dein Körper anders.“ Und schon steuert der Therapeut auf die „Lösung“ zu. Er fordert die Frau auf, sich vor ihrem Exmann zu verneigen. „Sag ihm: ,Es tut mir leid!‘ Sag ihm: ,Ich war ungerecht!‘“ Sie verneigt sich vor seinem Stellvertreter, bat um Verzeih-ung, demütigt sich im Rollenspiel vor dem Stellvertreter des Mannes, der ihr Übles angetan hatte. Danach fühlen sich alle Aufstellungsteilnehmer irgendwie „total versöhnt“. Und Ralph E. wandte sich dem Publikum zu: Ist das nicht schön zu sehen, was kommt, wenn die Ausgeklammerten gewürdigt werden?

Als der Dorfschullehrer Kevin dem Therapeuten und Versicherungsberater Ralph vorwarf, dass solche Interventionen, da sie brutal und entwürdigend sein könnten, die §1-Menschen-rechte verletzten, entfährt es Ralph: „Es ist ja gar nicht meine Sicht.“ Die Wirklichkeitkommt ja durch die Aufstellung ans Licht“. Kevin muss sich damit eingestehen, dass etwas F1-Innovatives in seiner Wirkung als Rv= Spielregel vorbereitet worden war, das auch ihm Reue gegenüber Exfrau erlaubte, was er denn auch zum zum erlösenden Ausdruck brachte. Dabei kam ihm die bohrende Frage hoch, ob es generell noch einen g=Wert hätte die Beziehung zu seiner Frau wieder aufzunehmen oder ob es jetzt wirklich zu spät war und man einfach die Wunden der Vergangenheit heilen sollte...

Heftige Erlebnisse in gruppendynamischen Prozessen und Rollenspielen seien in der systemischen Familientherapie schon lange bekannt. „Fachleute“, um die §3-Integrität ihres Fachs besorgt, kritisieren, dass in der „Hellinger-Szene“ nicht getrennt werde zwischen dem Phänomen der intensiven Erfahrungen und den daraus folgenden Erklär-ungen des Aufstellers; das verunsichere und mache Angst. Zu Ersteren, den Phänomenen erklärte Ralph, nur damit können man zum F3-konkret bessere Resultate erzielenden  b=Ausgleich kommen und bessere Re=Spielregel etablieren. Da fiel es Kevin wie Schuppen vor den Augen; aus Angst vor einer Szene seiner Frau, die sein Ansehen als Lehrer hätte in Gefahr bringen können, hatte er es ihr erlaubt, ihn wie eine Domina zu behandeln. Das reizte sie wiederum dazu, ihn noch mehr zu provozieren, weil sie ihn, und nicht seine Angst spüren wollte. Erst im Workshop konnte Kevin, seinem Wesen entsprechend ängstlich, seinem Drachen ins Auge schauen und das Trauma das er bisher hinterlassen hatte, überwinden. Er begann zu verstehen, dass er sich überall dort vom Leben verunsichern lässt, wo ihm der Schein wichtiger ist als das Sein, und dass ihn Letzteres damit doch immer wieder einholt.

Damit hatte er den Zugang zu seiner eigenen Lebenswirklichkeit gefunden, den er bisher nur seine Schüler gelehrt hatte. Statt dass die Schüler weiterhin hinter seinem Rücken respektlos über ihn tuschelten, gelang es ihm mehr und mehr sich Respekt zu verschaffen und besser mit Verunsicherungen unter den Schülern umzugehen.

So suchten mehr Eltern ihn um Rat auf, weil er quasi der Erste im Dorf war, der den Bann, aus Angst unehrlicher Bezieh-ungen, durchbrochen hatte.

Deshalb getraute sich der Zeitungsredaktor nicht ihn für seinen Artikel über den Workshop aufzusuchen. Er hatte sich an ihm, und seiner konsequenten Haltung schon wegen den Gerüchten um seine frühere Ehe, an deren Scheitern er nicht ganz unschuldig war, die Finger verbrannt.

Mit dieser Angst des Redaktors vor Kevins Intoleranz für Psychopolitik umzugehen, wird wohl das nächste Projekt für Kevin werden...

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