700 Jahre sind nicht genug!
by Dr. Peter Meier
BedeutungsGebende Informatik BGI AG
, Zürich

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Die emotional Degeneration des Verhältnisses der Schweizer zur Schweiz: 

Das helvetische Stammland (58 v.Chr -800): In Geringschätzung des eigenen Landes überzeugte Orgetorix die Helvetier in den Süden an die Wärme zu ziehen. Dort worden Sie 58 v.Chr. in Bibrakte von den Römern besiegt und unterjocht als deren Untertanen zurückgeschickt, mit dem Zweck, unter römischer Anleitung  eine Barriere gegen weitere Barbareneinfälle zu bilden. So erlebten sie Aufstieg und Niedergang des Römer Reichs.

Die Emanzipation (800-1291): Irische Mönche (Gallus in St. Gallen, Fridolin in Glarus) setzten nach dem Untergang der Zivilisation neue Kristallisationspunkte (Klöster) für einen Neuanfang. Dann übernahm Karl der Grosse das Szepter im Heiligen Reich Deutscher Nationen. Damit waren die Alpenübergänge nicht mehr Barrieren, sondern wurden strategisch wichtige Durchgangsstrassen. Mit diesem Trumpf in der Hand entstand 1291 die Eidgenossenschaft.

Die Anmassung (1291-1515): Dank ihren militärischen Siegen (1315 in Morgarten gegen die Habsburger, 1460 Sieg über das Zwischenreich der Burgunder) kam es 1499 zur tatsächlichen Loslösung vom Deutschen Reich. Bis 1513 waren die 13 "Alten Orte" zusammen. Man wurde eine militärische Macht und unterwarf sich Untertanengebiete und kannibalisierte die weitere Umwelt (Saubannerzüge) und das Geld floss aus dem Söldnerdienst. In der Schlacht von Marignano 1515 war das Mass voll und die Eidgenossen unterlagen der modernen Militärtechnik blutig geschlagen.

Einsichtige Selbstbesinnung (1515-1798): So zog man sich in die "immerwährende Neutralität" zurück, Zwingli begann 1518 als Leutepriester in Zürich mit der Reformation gegen den Sittenzerfall. Nicht zu letzt wegen Niklaus von der Flüe, 1417 – 1487, der die Selbstbesinnung  zuerst einmal persönlich auf sich nahm, konnte der drohenden Bürgerkriegs zwischen den Eidgenossen, nach ergebnislosen Verhandlungen um Aufnahme der Städte Freiburg und Solothurn in den Bund an der Tagsatzung von Stans, im Stanser Verkommnis von 1481, verhindert werden: 

Nachdem die Eidgenossen 1476/77 dreimal massgebend unter Hans Waldmann (1435-89) die burgundischen Heere besiegt hatten - zuletzt bei Nancy, wo Herzog Karl der Kühne sein Leben verlor -, wurde so manch einer im Land der Eidgenossen übermütig. Aussenpolitisch gewannen zwar die Schweizer an Ansehen, und so kam es zu einigen Sonderbündnissen zwischen einzelnen Mitgliedern des Bundes mit Städten im Elsass und in Süddeutschland - sogenannte «Burgrechte» -, was jedoch die Stabilität im Innern nicht sonderlich förderte. Es kamen noch zunehmende Unruhen im Innern hinzu: Übermütige, jugendliche ehemalige Krieger aus den Landorten suchten Städte heim und randalierten - so etwa 1478 im berühmt-berüchtigten «Saubannerzug». Die Folge davon war, dass die Stadtorte untereinander Sonderbündnisse eingingen, um sich vor solchen Übergriffen aus der Innerschweiz zu schützen. Das Gleichgewicht drohte vollends verloren zu gehen, als die Stadtorte zwei mit ihnen verbündete Städte, Freiburg und Solothurn in den Bund der Eidgenossen aufnehmen wollten. Darin sahen die Landorte für sich selber grosse Nachteile. Die Eidgenossenschaft war in zwei Lager gespalten und drohte zu zerbrechen. Man stand am Vorabend eines Bürgerkrieges mit unabsehbaren Folgen, der dann dank der Vermittlung von Bruder Klaus abgewendet werden konnte, was die Schweiz auch von den Wirren in Europa verschonte: "So gab Gott das Glück, wie bös es auch vormittags noch ausgesehen hatte, dass durch diese Botschaft alles sich zum Besseren wandte und innerhalb einer Stunde alles ganz und gar abgewogen und eingerenkt wurde." berichtet der Luzerner Chronist Diepold Schilling.

Auch später blieb die Schweiz vom fürchterlichen Dreissigjährigen Krieg verschont und wurde im westfälischen Frieden von 1648 auch formell aus dem Deutschen Reich entlassen. Dann setzte die Selbstgefälligkeit, allem voran der "gnädigen Herren" in Bern ein, was 1798 zum Einmarsch der Franzosen nach der schmählichen Niederlage in der Schlacht von Grauholz führte. 

Formation zum modernen Staat (1798-1946): Zuerst unter der Ägide der Franzosen, dann ab 1815 wieder eigenständig, entstand 1848 die moderne Schweiz als Willensnation. Im Krieg von 1879/71 bewährte sie sich mit der Grenzbesetzung als Solidaritätsgemeinschaft mit der Aufnahme der Bourbaki-Armee und in den beiden Weltkriegen mit der bewaffneten Neutralität.

Das Vaterland (1946-53): Die Schweizer waren nach dem 2. Weltkrieg, dem Zusammenbruch des vorhergehenden emotio-/nationalen Zyklus weltweit zu beneiden. Obwohl ihr Leben mit 
Weltkrieg I, Weltwirtschaftskrise und Weltkrieg II in harte Zeiten fiel, hatten sie es in manchen Dingen doch leichter als andere. Ihr Glaube an ihr verschont gebliebenes Land war ungebrochen. Er war, am Ende des damit begonnen neuen Zyklus, im wahrsten Sinne des Wortes naiv. Die Schweizer hatten damit aber die äusserste Bedrohung des Landes wie auch seine Bewahrung vor Unheil wohlbehalten überlebt. Sie waren getragen vom Bewusstsein, dass sie Widerstand geleistet haben und gekämpft hätten, wenn es denn nötig gewesen wäre, und diese Gewissheit gab ihnen Sicherheit.
 
Das Mutterland (1953-60): In der Schweiz  wussten man zwar auch von Quislingen zu erzählen, von den Fröntlern und den sogenannten Zweihundert, aber man tat es so, dass klar war: In einem eigensinnigen Land wie der Schweiz hatten solche Leute 
nie eine reale Chance gehabt. In den Schweiz von damals spielte die Landi eine wichtige Rolle, aber auch das Schauspielhaus Zürich, als Gretler den Wilhelm Tell spielte und das Publikum aufstand, um gemeinsam «Rufst du, mein Vaterland» zu singen. So sorgte man sich entsprechend der geistigen Landesverteidigung auch in der Nachkriegszeit nach der braunen gegen die rote Gefahr.
 
Das Hoffnungsland (1960-67): 1944 geboren wuchs ich im Vaterland auf, ging im Mutterland zur Schule und absolvierte 1963 meine Rekrutenschule. Wir waren damals einfach überzeugt, dass es sich mit 
der Entstehung der Eidgenossenschaft in etwa so verhielt, wie Schiller dies beschrieben hatte. Man war stolz auf diese Geschichte, nicht aus Überheblichkeit, sondern weil sie sie als eine Art Verpflichtung empfanden, der Welt ein Vorbild zu sein. Im Ausland war die Schweiz und ihre Institutionen Hoffnungsträger. Von dieser Hoffnung mitgetragen macht ich von 1960-65 neben der Lehre an der AKAD die Matura und begann dann mein Physikstudium. 
 
Das Wert- und Mobland (1967-74): Auch  nach den 68-er Unruhen hat die Mehrheit noch versucht, den Glauben an die Schweiz weiterzugeben. Ich erlebte den Globuskrawall als Beobachter und vom
Einmarsch in Prag hörte ich auf einem Militärlastwagen im Sinai - unterwegs als Autostopper. Für uns war diesmal aus eigener Erfahrung einmal mehr klar, dass die Schweiz kein Land wie jedes andere ist. Wir sind die älteste Demokratie der Welt, die Hälfte aller Volksabstimmungen auf dieser Welt wurde bei uns durchgeführt. Wir sind ein Hort der Freiheit und eine Zufluchtstätte für alle Verfolgten, so im 2. Weltkrieg Krieg für die Polen, 1956 für die Ungarn und Tibetaner und 1968 für die Tschechen. Wer immer dieses Land angreife, so lernten wir in der Rekrutenschule an Hand einer eingebildeten Wagenladung Mongolen, werde dies bitter bereuen. Dies habe auch Hitler gewusst und einen grossen Bogen um die wehrhafte Schweiz gemacht. Ein solches Land zu lieben war leicht, und es lebte sich gut mit diesem Glauben und den alten Geschichten von Sempach, der kleinen Stadt und dem mutigen Helden Winkelried und "Heil dir, Helvetia, hast noch der Söhne, ja, wie sie St. Jakob sah, freudvoll zum Streit". 

Aber an der 1. Augustfeier der Schweizerbotschaft in Israel war es 1968 störend, dass die Israeli ihre Hymne aus voller Überzeugung, wir Schweizer, die neue "trittst im Morgenrot daher..." aber ohne Begeisterung ablesend singen mussten...nach 1968 war eben der Wurm vor Tells Pfeil im Apfel drin!

So machte ich u.a. deshalb von 1970-73 mein PhD in Australien. Ich behielt die weltweit hervorragenden Mathematik- und Physikvorlesungen an der ETH Zürich in guter Erinnerung, wollte aber mit dem Mobbing unter den Assistenten und der Politik der Professoren nichts zu tun haben... 

 
Das Konkurrenzland (1974-81): Angeregt vom Vietnamkrieg vermiesten die Intellektuellen zunehmend nicht nur die Werte dieses Landes sondern diese selbst. So musste man selbst etwas dafür tun, den Stolz dafür zu bewahren.
Der Stolz, in Uniform vom Bahnhof heim zu gehen oder  die Rührung, die einem ergriff, wenn am 1. August die bengalische Sonne im Garten rotierte und man todesmutig die Vulkane und Raketen hochgehen liess, genügten nicht mehr. Von 1974-79 war ich für das Militär tätig, bis für mich der Widerspruch zwischen dem technischen Fortschritt und dem menschlich organisatorischen Rückschritt in billige Gruppenemotionen und virtuelle Schönreden nicht mehr tragbar war und ich mich 1979 selbständig machte - was zur Begründung von Applied Personal Science APS® und damit zu dieser Site geführt hat... 
 
Im globalen Wandel (1981-88): Irgendwann hat also das Gefühl für dieses Land für die meisten Schweizer ein Knacks bekommen. Der Stolz ist brüchig geworden, und in den Glauben haben sich berechtige und eingebildete Zweifel eingeschlichen. 
Es war der Historiker Marcel Beck an der Uni Zürich gewesen, der als erster die Rütli-Geschichte in Frage stellte und uns beibrachte, dass das mit dem Wilhelm Tell ins Reich der Mythen und Legenden gehörte. Der Bildersturm hat damals den Intellektuelle Spass gemacht und ihre wahren Absichten offenbart; den Postmodernism als Voraussetzung zur Globalisierung einzuführen. Wir haben zu später realisiert, dass wir damit auch ein Stück nicht nur unserer vermeintlichen, sondern unserer echten  Identität verloren.  So hat u.a. Max Frisch uns mit «Andorra» der schöne Gewissheit beraubte, hier bei uns hätte sich nie ereignen können, was drüben in Deutschland geschah. Der Schock, der uns diese Einsicht damals versetzte, wirkt bis heute nach und ist durch die uns von aussen nochmals aufgezwungene Bewältigung der Vergangenheit, mit der sich kaum jemand identifizierte, nur noch verstärkt worden. Damit wurde in Wirklichkeit der Boden für eine neues politisches Machspiel und die wirtschaftliche Öffnung der Schweiz für die Globalisierung vorbereitet. 

Dieser, für mich als Fehlentwicklung empfundene Neuausrichtung versuchte ich mich 1986/87 vergeblich im Exil in Australien zu entziehen. Dafür bracht ich meine Frau Diane aus Australien mit zurück. Sie hat seither massgebend die Ausrichtung meiner Forschungsarbeiten mit Wissenschaft#3 (auf Englisch) bestimmt...

 
Egoistenland (1988-95): Indem man uns eine Schweiz vor Augen führte, die dem Ungeist der Zeit nicht nur heldenhaft widerstand, sondern sich auch geflissentlich aus allem herausgehalten und zum Teil sogar recht bereitwillig mit der 
neuen Ideologie sympathisiert hat, war für das Volk dem Individualismus, für die Intellektuellen der post-normalen Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet. Demoskopische Untersuchungen belegen diesen dramatischen Wertwandel. 

Mit einer Schweiz, die sich am Vermögen der Verfolgten bereicherte, die Flüchtlinge an ihren Grenzen in den Tod schickte und sich den Feind weniger durch Tapferkeit als vielmehr durch geschicktes Lavieren vom Hals hielt, und Leute wie Paul Grüninger mobbte und Christoph Meili ins Exil zwang, kann man sich nicht identifizieren. 

Dazu schrieb Klara Obermüller am 1. August 2001 in der Weltwoche: "Dass die gleiche Neutralität, auf die man sich damals berief, später dazu herhalten musste, sich internationalen Verpflichtungen zu entziehen und gleichwohl in einseitiger Parteinahme alles zu observieren, was sich irgendwie links gebärdete, hat viel zu jenem Unmut beigetragen, der sich 1991 im teilweisen Boykott der 700-Jahr-Feierlichkeiten entlud. «700 Jahre sind genug» war ein flapsiger Spruch. Jetzt sagt man, er sei nicht so gemeint gewesen, wie er 1991 tönte. Er galt nicht dem Land als solchem; er gilt jetzt dem Bild, das dieses Land sich von sich selber macht. Er kam von Seiten derer, die seit dem Krieg Schritt für Schritt durch eine Schule der Desillusionierung und Entmythologisierung hindurchgegangen waren, und richtete sich gegen jene, die sich unter Berufung auf den «Sonderfall Schweiz» jedem politischen Wandel und jeder kritischen Selbstwahrnehmung widersetzten."

Er war, gemäss Moriz Leuenberger’s 1. Augustrede 2001 nicht Ausdruck fehlender Liebe zur Schweiz; aber er enthielt das Eingeständnis, dass diese Liebe schwierig geworden war. Schwierig, weil sie neben dem Stolz auf das Geleistete auch das Bewusstsein von Unterlassung und Schuld enthielt. Damit aber war dies postnormale Mentalität der meisten Schweizer überfordert, und man beliess es daher der Bergier-Kommission. Doch bei der Abstimmung über die Verwendung des gehorteten Goldes, wie dieses Skelett wieder aus dem Schrank geholt; die SVP und andere werden damit ihr Süppchen zu kochen wissen. Schon meint die SVP die zeit sie reif für die Abschaffung der Millizarmee... 

1991 versuchte ich u.a. anlässlich der Zukunftsmesse in Lugano mit der Präsentation eines Interaktiven Strategie Bearbeitungssystem, ISB, eine Alternative zu diesem Niedergang aufzuzeigen. Ich erinnere mich noch an die Weissweinfahne des inzwischen verstobenen Bundesrat Delamuraz - da begann auch für mich der Fisch ganz oben am Kopf zu stinken...    

 
Hedonistenland Schweiz (1995-2002): Jetzt treffen Blocher und Ebner et.al. die Saiten des Zeitgeistes in diesem land und wieder fliesst Geld und vorerst noch verdeckt, Blut. Mit der Globalisierung wird zunehmend 
schwieriger, sich noch länger auf ein Anders- und Bessersein berufen zu können. Zudem werden immer mehr Ikonen des Schweizer Stolzes wie Feldschlösschen, Sulzer etc. kannibalisiert und sogar die ABB, schon lange nicht mehr schweizerisch, muss Federn lassen. Dafür expandieren die virtuellen aus Zürich, die UBS, Swiss Life, Zürich etc. Wer weiss, vielleicht wir "Rey" als Mythos dereinst Willhelm Tell ablösen...

So bleibt uns nach Klara Obermüller: "...ein Land, das Probleme hat, mit sich und den andern, ein Land, das Mühe hat, sich auf die Erfordernisse einer veränderten Zeit einzustellen, ein Land wie alle andern auch. Die Einsicht, dass der Schweiz in der Welt keine Sonderstellung zukommt, hat unser Selbstbewusstsein nicht weniger erschüttert als die Erkenntnis, dass uns im Zweiten Weltkrieg das Heldentum, wie Dürrenmatt einmal sagte, nur erspart geblieben ist, weil Tell den Gesslerhut halt doch ein klein wenig grüsste. Doch damit müssen wir leben, und es wäre eine Illusion und keine Liebe, wenn wir über das Prekäre dieser Situation einfach hinwegsehen wollten. «Die Lage, in der sich die Schweiz heute befindet, ist so komplex und neuartig, dass man sich nicht einfach auf das Alt-Gute berufen und zum bewährten Nein gegenüber dem Neuen greifen kann. Wir dürfen uns von der nächsten Generation nicht beschuldigen lassen, wir hätten die Zeichen der Zeit nicht zu lesen gewusst, weil wir auf das Phänomen der schweizerischen Unabhängigkeit gestarrt und die Überzeugung vom Sonderfall Schweiz wie ein Brett vor dem Kopf gehabt hätten», so hat Karl Schmid bereits 1968 in einem Vortrag gesagt und vor der Gefahr einer Seelenruhe gewarnt, «die sich keine Alternativen mehr vorstellen kann und will»

Ich meine diese intellektuelle Einschätzung, so gut sie auch tönt, ist nicht nur zu billig, sie führt in die Irre der Sinn- und Orientierungslosigkeit. Sie ist ein typsicher Pre-Trans-Trap Verrat an unseren Wurzeln zugunsten der sich schon längst ad absurdum geführten Anmassung der Wissenschaft#2!

Um sich für den darüber hinausführenden Rechtzeitig Projekt-Orientierten Kompetenzaustausch, RPOK© zu qualifizieren, sind SIE auf die Lektionen 1-12 verwiesen.  

L2) §GHL-Geradlinigkeit
Organisation
Schweiz: 700 Jahre sind nicht genug!


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